Nachdem der aufgeteilter Rosmarin/Majoransud nun schon eine Weile nachgärt, ein erster ungeduldiger Verkostungsbericht:
a) Majoran
Ich hatte die Bamberger Mälzerei, deren Versuchsbrauerei mich mit ihrem Bier zu dem Sud inspiriert hat, zwischenzeitlich um deren Rezept gebeten und dieses auch erhalten. Dort hat man nicht, wie ich, nur auf Basis- und Karamell-, sondern auch auf etwas Rauchmalz gesetzt. Hierin unterscheiden sich unsere Rezepte schon mal, wobei in meinem Bier der Kräutergeschmack natürlich "reiner" ist, weil deutlicher und alleingestellt. Lustigerweise lag ich bei der Menge, die ich angeregt durch Tedds Linktip ermittelt hatte, ziemlich nahe an den Bambergern. Dort nimmt man 100g/hl getrockneten Majoran, ich habe 600g/hl frischen genommen. Den Wassergehalt frischer Kräuter rausgerechnet ist das einigermaßen beieinander.
Geschmacklich ist dieses Bier überraschend unüberraschend: Es schmeckt ziemlich nach Bier. Überhaupt nicht nach Kräutern. Nicht, weil man den Majoran nicht schmeckt, sondern er fügt sich zwischen Pilsner und Karamellmalz einfach ziemlich angenehm ein mit seiner milden, lieblichen Note. Ich würde nach diesem ersten Test also so weit gehen, zu sagen, daß Majoran beinahe das für solche Experimente am besten geeignete Kraut ist, das mir bis jetzt begegnet ist.
b) Rosmarin:
Dieses Kraut wurde im Mittelalter nach einigen Quellen gerne und oft zum Brauen verwendet, und zwar auch zur Bitterung. Ich habe es deshalb sparsamer mit 400g/hl dosiert. Bei den Versuchs-Nachgärungsflaschen habe ich eine mit und eine ohne einen weiteren Zweig Rosmarin abgefüllt. Gekostet habe ich zunächst die ohne Zweig.
Zunächst mal stimmt es, daß Rosmarin bittert. Das Bier ist einen spürbaren Ton herber als das gleiche mit Majoran gestopfte Grundbier. Jedoch ist diese Bittere nicht unangenehm, auch wenn sie ein bißchen arg im Abgang dominiert. Die Gesamtnote erinnert ein wenig an Kräuterbonbons, aber eher im positiven Sinn. Klärungs- und Schaumverhalten sind, sofort erkennbar, besser als bei anderen Bieren. Offenbar sind Gerb- oder sonstige Stoffe enthalten, die sich auf die Eiweißstoffe auswirken. Der Geruch ist sehr angenehm und frisch, duftet etwas nach Tannenwald. Geschmacklich und geruchlich erinnert das Bier entfernt an "Almdudler" (eine österreichische Kräuterlimonade). Es ist recht süffig und regt durchaus zum Weitertrinken an. Ich würde bei einem nächsten Sud evtl. noch 10-20% weniger Kräuter und/oder etwas weniger Hopfen nehmen, aber wirklich nur mit dem Ziel, die Bittere feinzujustieren. Alternativ oder ergänzend würde ich den Karamellmalzanteil von jetzt knapp 5% noch etwas erhöhen. Auf jeden Fall hat Rosmarin Potential zum Brauen; ich werde damit sicher noch mehr experimentieren. Vielleicht auch mal ganz ohne Hopfenbittere oder mit dunklerem Malz oder oder oder.
Über die Flasche mit Rosmarinzweig drin berichte ich dann noch mal separat.
Erste Zwischenbilanz: Leute, traut euch was! So sehr ich Hopfen schätze, auch jenseits davon geht viel!
Sobald die Fässer mit dem eigentlichen Sud ausgegoren und verkostet sind, werde ich das auf jeden Fall noch ergänzen und die Rezepte einstellen.